EMOYENI 4 "SOLO!"

Die Tage schreiten voran und ich komme sehr gut vorwärts. Ich fliege jeden Tag ein bis zwei Stunden, manchmal mehr. Vorgestern hatte ich meinen ersten Soloflug. Wir machen einige "Touch and goes" und ziemlich unerwartet steigt nach der siebten gelungenen Landung mein Instruktor Bryan aus, nimmt sein Headset ab und bespricht mit mir kurz das weitere Vorgehen.

"Du machst jetzt Deinen ersten Soloflug! Du hebst ab, wie gewöhnlich. Du bleibst auf Vollgas und KEINESFALLS nimmst Du den Fuss vom Gas. Hörst Du? Keinesfalls nimmst Du den Fuss vom Gas. Du wirst steil abheben und Du denkst, dass das viel zu steil ist aber lass es einfach steigen und nimm auf KEINEN FALL den Fuss vom Gas. Ziehe das Trapez etwas ein und fliege, wie gewohnt."

Beeindruckt durch diese Instruktionen rolle ich zum Holdingpoint und mache wie immer die letzten Checks. Bryan und ich stehen zwar noch per Funk in Kontakt, er hätte aber keine Chance, einzugreifen. Nachdem ich alle obligatorischen Funksprüche gemacht habe, hebe ich ab. Durchdas Bryan nun nicht dabei ist, bin ich viel leichter und tatsächlich schiesse ich in die Luft wie eine Rakete. Bryan hat mir geschworen, dass ich nicht auf dem Rücken landen werde, auch nicht, wenn ich noch so steil losschiesse, also bleibe ich am Gas und steige auf, wie noch nie.

Innerhalb kürzester Zeit bin ich auf circuit-height, d.h. 3300 feet. Was für ein Start! Ich ziehe eine lange Linkskurve, bleibe auf Circuit-Höhe und mache den nächsten obligatorischen Funkspruch: "Cato ridge traffic, Bravo-Uniform-Victor, lefthand downwind on runway three-five, Microlight Bravo-Uniform-Victor." Ich lenke ein, steige jetzt vom Gas und gleite jetzt ohne Gas in einem 90 Grad Winkel zur Landepiste. Dann die letzte 90 Grad Linkskurve und das Trapez einziehen. Dadurch erzielt man eine Beschleunigung und ein Absinken, während man möglichst gerade auf die Landepiste zuschwebt. Erst etwa 5m vom Boden entfernt beginnt das Abfangen, indem man das Trapez in einer möglichst ruhigen, gleichmässigen Bewegung nach vorne stösst.

Alles geht sehr gut. Das war also mein erster alleiniger Rundflug! Ich gebe Vollgas und starte durch. Wieder steige ich steeeeeil nach oben. Die Strecke, die man zum Starten benötigt ist alleine noch kürzer. Ich brauche mit dem 65 PS Motor nur einen Bruchteil von der Zeit die ich mit Bryan gewöhnt bin, um wieder auf Circuit-Höhe aufzusteigen. Ich bin nun darauf eingestellt, dass die Reaktionen des Fliegers mit weniger Gewicht viel stärker ausfallen. Ich versuche dem bei der nächsten Landung Rechnung zu tragen. Die Landung wird perfekt und ich gehe noch einmal. Die Bedingungen werden etwas schlechter. Es kommt etwas Wind auf. Bei den Landeanflügen ist es enorm wichtig, dass die Anflughöhe, die Winkel und die Distanzen zur Landepiste stimmen. Auf die Geschwindigkeit kann man eigentlich nur wenig Einfluss nehmen. Falls man etwas niedrig anfliegt, gibt man beim Landeanflug leicht Gas. Auch die dritte alleinige Landung wird perfekt.

Um dem unkomfortablen steilen Ansteigen beim erneuten Durchstarten entgegenzuwirken, gebe ich nun auf Bryans Anweisung nicht mehr ganz Vollgas und regle den Ansteigwinkel mit dem Trapez. Ich hebe leicht ab, dann erwischt mich eine Böe auf die ich nicht gefasst bin und ich setze nochmal auf. Kein Problem aber eine gute Portion Respekt und von nun an sind meine Startwinkel wieder steil.

Der erste Alleingang durch die Lüfte Afrikas war ein Erfolg und hat auch eine gesunde Portion Respekt mit sich gebracht. Das kann nicht schaden! Bis zur Lizenzprüfung muss ich 15h Soloflüge zurückgelegt haben. Der Countdown läuft.

Gestern Abend dann ein weiterer Meilenstein in meiner Microlight-Ausbildung: Die Funkprüfung im Tower vom Flughafen "DURBAN International".

Ich bin sehr gut vorbereitet und bestehe die Prüfung problemlos.

Heute habe ich meine Solo-circuits fortgesetzt. Alles ging gut. Ich muss jetzt einfach Erfahrungen sammeln und einige Prozesse, wie beim Autofahren, in Routine übergehen lassen. Zur Belohnung geben wir uns schliesslich die Table mountain Kante Mal wieder. Dieses Erlebnis ist immer einfach gewaltig! Das herausschiessen über die Kante, nachdem man vorher nur wenige Meter über den Boden fegt, ist ein Adrenalinkick für den ganzen Tag! Wir geben uns die Kante vier Mal. Das Gefährliche an so einem Unternehmen ist, dass die Sonne die eine Seite des Felsens beleuchtet und somit erwärmt. Es entsteht eine Thermik an der Felswand, das heisst, ein Wind, der aufwärts bläst. Falls die allgemeine Windrichtung von der gegenüberliegenden Seite kommt, werden diese Winde genau an der Kante kollidieren und das sorgt für Luftwirbel welche ganz plötzlich auftreten können, denen wir mit unserem geringen Gewicht dann ausgesetzt sind. Heute ist es so gut wie windstill. Es ist besonders wichtig, dass man sich die Situation vorher genau ansieht und die Region einige Male in geringer werdenden Abständen zum Boden überfliegt. Erst dann sollte man den Tiefflug mit wenigen Zentimetern Distanz zum Boden und dann über die Kante wagen. Bryan kennt sich hier oben gut aus, schliesslich hat er hier geheiratet und hatte deswegen vor Jahren, mit der Sense eine Landepiste in das hohe Grass "gemäht". Davon ist jetzt natürlich nichts mehr zu sehen aber er musste, um die Piste zu mähen, unzählige Male hier oben landen, da man ziemlich lange beschäftigt ist, wenn man alleine mit einer Sense eine Flugzeug-Landepiste mähen möchte. Mit dem Trike kann man auch im hohen Gras landen.

An der Südseite des Felsens befindet sich eine Höhle, in der bis Mitte 19. Jahrhundert scheinbar die letzten Kannibalen Afrikas lebten. Nach starkem Regen spritzt ein Wasserfall aus den Felsen. Ein mystischer Ort mit einem Ausblick über eine Flusslandschaft, bis hinaus zum Meer. Die Wolken brauen sich in der Dschungellandschaft um Table mountain zusammen, um durch den monsunartigen Regen die Gräser hellgrün leuchten zu lassen und die Luft wieder von neuem zu reinigen. Auf dem darunter liegenden Plateau fressen die Giraffen an den hohen Bäumen die Blätter von den Ästen.